Gebrauchte Software: Rechtsprechung des Bundesgerichtshof zum Verkauf von Gebrauchtsoftware

Ist das kaufen gebrauchter Software legal? Inzwischen ist geklärt, dass ein Verkauf gebrauchter Software grundsätzlich möglich und auch kaum zu unterbinden ist. Doch der Verkauf von Gebrauchtsoftware bleibt eine komplizierte Sache, auch nachdem der EUGH die grundsätzliche Zulässigkeit des Handels mit gebrauchter Software erkannt hat. Der Bundesgerichtshof hat sich mit dieser Frage mehrmals beschäftigt und auch nach der EUGH-Entscheidung finden sich hier wichtige Wegweiser für den Bereich des Handelns mit gebrauchter Software.

Dieser Beitrag gibt einen grundsätzlichen Überblick zur Thematik “Kauf und Verkauf gebrauchter Software” und wurde zuletzt im Dezember 2016 aktualisiert, Berücksichtigung ist auch die Entscheidung “Green IT” des BGH.

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Aufdrängen von Upgrade wegen angeblicher Sicherheitsprobleme wettbewerbswidrig

Einen ganz besonderen Fall hatte das OLG München (6 U 3509/19) zu entscheiden: Es ging um die Frage, wie man mit einem aufgedrängten Upgrade umgeht. Üblicherweise streitet man im Softwarerecht ja eher um das Gegenteil, nämlich um die Frage der Updatepflicht.

Dabei ging es um ein Softwareunternehmen, das wohl einen orthopädischen Chirurgen angeschrieben und darauf hingewiesen hatte, dass die von ihm verwendete Software ohne ein angebotenes Upgrade nicht mehr benutzt werden dürfe und anderenfalls “schon wegen Fehlens eines Upgrades die Sicherheit der Patienten über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaften vertretbares Maß hinaus gefährdet sei”. Das verwunderte den Empfänger des Schreibens, insbesondere zumal nach ihm die streitgegenständliche Software bislang fehlerfrei gearbeitet haben soll.

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Bei Verkauf technischer Geräte kein Hinweis auf bestehende Sicherheitslücken nötig

Beim Oberlandesgericht Köln (6 U 100/19) ging es um die Frage, ob beim Verkauf von Smartphones auf im Rahmen des Betriebssystems bestehende Sicherheitslücken und fehlende Sicherheitsupdates hingewiesen werden muss. Die Entscheidung ist Wichtig, inhaltlich durchaus richtig – und offenbart zugleich kritisch zu hinterfragende Probleme im Umgang mit der Cybersicherheit.

Passend dazu: Verkäufer muss nicht auf bald bevorstehenden Modellwechsel hinweisen

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Urheberrechtliche Auswirkungen eines AdBlockers

Das Landgericht Hamburg (308 O 244/16) hatte 2016 entschieden, dass es einen Unterlassungsanspruch einer Nachrichtenseite gegen einen Adblocker gibt – allerdings wurde ein solcher nicht auf urheberrechtlicher, sondern nur auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage zugestanden.

Zu den urheberrechtlichen Fragen hatte das Landgericht ausgeführt, dass eine Umarbeitung der Steuerungssoftware der Webseiten der Antragstellerin i.S.d. § 69c Nr. 2 UrhG nicht anzunehmen sei. Die Antragstellerin habe seinerzeit einen Eingriff in die Substanz des Programms nicht glaubhaft gemacht. Auch eine unzulässige Vervielfältigung des Programms sei nicht gegeben. Die Antragstellerin gestatte es den Nutzern ihres Internetauftritts gerade ohne Einschränkung hinsichtlich der Nutzung von Werbeblockern, ihr Programm in ihrem – der Nutzer – Arbeitsspeicher abzulegen.

Später dann, im Jahr 2018, hatte sich das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (5 U 46/17) damit zu beschäftigen, konnte dazu aber nichts weiter ausführen, da der von der Antragstellerin ursprünglich auf die Verletzung von Urheberrechten gestützte Verfügungsanspruch vom Landgericht (formell) rechtskräftig zurückgewiesen worden und dementsprechend nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden war. Auch der Bundesgerichtshof (I ZR 154/16) konnte sich damit beschäftigen, stellte am Rande fest, dass wohl keine grundsätzlichen urheberrechtlichen Bedenken bestehen und jedenfalls ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch nicht zu erkennen ist:

  • Das Angebot einer Software, die Internetnutzern ermöglicht, beim Abruf mit Werbung finanzierter Internetangebote die Anzeige von Werbung zu unterdrücken, ist keine unlautere zielgerichtete Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG. Dies gilt auch, wenn das Programm die Freischaltung bestimmter Werbung solcher Werbetreibender vorsieht, die dem Anbieter des Programms hierfür ein Entgelt entrichten.
  • Das Angebot einer Werbeblocker-Software stellt auch keine aggressive geschäftliche Handlung im Sinne des § 4a Abs. 1 UWG gegenüber den Unternehmen dar, die an der Schaltung von Werbung interessiert sind.

Insgesamt wird damit eine grundsätzliche Zulässigkeit von Adblocker-Sofware im Raum stehen.

Opensource: Kein Schadensersatz bei Verletzung der GPL

Wohl korrekt hat das Oberlandesgericht Hamm (4 U 72/16) entschieden, dass es keinen Schadensersatz im Zuge der Lizenzanalogie geben kann, wenn Software unter Verstoss gegen die Lizenzvorgaben der GPL (hier: GPLv2) verbreitet wurde. Hintergrund ist der von der GPL gewünschte Schutz der Anwender einseits und die Sicherstellung grösstmöglicher Verbreitung andererseits: In der GPLv2 findet sich im §4 Satz3 GPLv2 die Klarstellung, dass die Lizenzen Dritter bei einem Lizenzverstoss des Verbreiters unberührt bleiben:

Jedoch werden die Lizenzen Dritter, die von Ihnen Kopien oder Rechte unter dieser Lizenz erhalten haben, nicht beendet, solange diese die Lizenz voll anerkennen und befolgen.

Das findet sich in der GPLv3 im weitesten Sinne heute in Ziffern 8, Abs.4, 9 GPLv3. Dadurch, dass aber insgesamt eine kostenlose Nutzung ermöglicht ist und die Weiterverbreitung letztlich lizenzrechtlich folgenlos ist, da die Lizenz ihre eigener Fortwirkung ermöglicht, kann sich auch kein finanziell messbarer Schaden ergeben, so das OLG durchaus nachvollziehbar.

Das Ergebnis ist, dass ein GPL-Lizenzverstoss einen Unterlassungsanspruch auslöst, somit die Kosten einer Abmahnung zu erstatten sind, aber weitere Kosten in Form eines Lizenzschadens kaum denkbar sein dürften.
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Opensource-Software: urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch bei Verletzung der GPL

Dass der Lizenztext der GPL rechtlich bindend ist und bei Lizenzbruch ein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch ausgelöst wird sollte inzwischen bei weitem nichts neues mehr sein.

Dabei ist weder die Wirksamkeit der GPL noch ein ernsthafter Streitpunkt, noch die Frage, wie mit einem Lizenzbruch umzugehen ist: Die Einhaltung der GPL ist eine insgesamt auflösende Bedingung, was bedeutet, dass wenn eine der notwendigen Bedingungen der GPL nicht eingehalten wird, in diesem Fall die Nutzungsberechtigung insgesamt nicht fortbesteht (so LG Köln, 14 O 188/17).

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Gebrauchte Product-Keys: Urheberrechtsverletzung durch Zugänglichmachung von Testversion und Verkauf von Product-Keys

Verkauf von Product Keys: Beim OLG München (29 U 2554/16) ging es um die Urheberrechtsverletzung durch öffentliche Zugänglichmachung einer Testversion und Verkauf von Product-Keys für ein Computerprogrammpaket. Dabei konnte das OLG nochmals hervorheben, dass man einen möglichen Wettbewerbsverstoss darin erkennt, schlichte Productkeys als Nutzungs-Lizenzen zu bewerben

Mit dem Anbieten, Feilhalten und Inverkehrbringen von Product Keys für die streitgegenständlichen Computerprogramme als Lizenz hierfür beschreibt die Klägerin eine möglicherweise irreführende und daher wettbe werbswidrige Verhaltensweise der Beklagten, nicht aber den behaupteten Urheberrechtsverstoß (vgl. BGH GRUR 2015, 1108 Tz. 21 – Green-IT).

Wichtig ist auch, nochmals daran zu erinnern, dass eine Erschöpfung bei einem Inverkehrbringen innerhalb des EU-WIrtschaftsraums vorliegen kann, nicht aber bei ungenehmigten Importen aus Drittstaaten:

Erschöpfung tritt daher nicht ein, wenn das Vervielfältigungsstück durch den Rechteinhaber oder mit dessen Zustimmung außerhalb der Gemeinschaft verkauft wird. Eine internationale Erschöpfung gibt es nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur nicht (…) Daher können die Berechtigten auch Reimporte aus Drittstaaten wirksam unterbinden; dies selbst dann, wenn der Drittstaat eine weltweite Erschöpfung anerkennt (…)

Gerade von Microsoft sind mir hier Abmahnungen bekannt geworden, auch strafrechtliche Ermittlungsverfahren gibt es in diesem Bereich.

Beachten Sie dazu auch: Die strafrechtliche Seite des Verkaufs von Product-Keys

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Opensource-Software: Rechtswidriges Download-Angebot von nach GPLv2 lizenzierter Software

Beim Landgericht Bochum (I-8 O 294/15) ging es um eine Software die unter der GPLv2 lizenziert war. Eine Universität hatte diese frei zum Download gestellt, allerdings weder Quelltext noch Lizenztext dabei mit angeboten. Das aber löst Schadensersatzansprüche aus, auch wenn die Software grundsätzlich kostenlos und frei genutzt werden kann, was eben an die EInhaltung der Lizenz gebunden ist:

Eine Verletzung des Urheberrechts der Klägerin ist allein darin zu sehen, dass die Beklagte die streitgegenständliche Software ohne Lizenztext und Quellcode i.S.v. § 69 c Nr. 4 UrhG öffentlich zugänglich gemacht hat. Bei dieser Software handelt es sich um eine sog. Open-Source-Software, deren Nutzung (…) kostenlos und deren Weiterentwicklung gestattet ist. Die Nutzungsberechtigung setzt jedoch die Wahrung der [Lizenz] voraus. Erforderlich ist danach insbesondere, dass auf die [Lizenz] hingewiesen, der Lizenztext (…) beigefügt und der Quellcode zugänglich gemacht wird (…) Die Beklagte hat unstreitig diese Bedingungen (…) nicht eingehalten. Ziffer 4 der [Lizenz] bestimmt, dass ein Lizenzverstoß automatisch zu einem Erlöschen der Lizenzrechte führt, so dass eine unberechtigte Nutzung durch die Beklagte vorliegt. (…)

Da die Klägerin die kostenfreie Nutzung ihrer Software nur bei Einhaltung der Bestimmungen der H erlaubt hat, steht ihr bei Nichteinhaltung dieses Regelwerks ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach zu, mag auch die berechtigte Nutzung kostenfrei sein. Wollte man der Rechtsauffassung der Beklagten folgten, wären die Urheber von unter den Bedingungen der H veröffentlichter Software praktisch rechtslos gestellt. Warum die Möglichkeit eines Unterlassungsanspruchs seitens der Klägerin ihren Anspruch auf Schadensersatz ausschließen soll – wie von der Beklagten vorgebracht −, erschließt sich der Kammer nicht.

Aus diesem Schadensersatzanspruch dem Grunde nach ergibt sich damit dann auch ein Auskunftsanspruch hinsichtlich der Umstände, von denen auf den Verbreitungsumfang rückgeschlosse werden kann (etwa Dauer des Angebots und Anzahl der zugriffsberechtigten Studenten).

Urheberrecht: Sequestration und Dringlichkeit bei Softwareplagiaten

Das OLG Frankfurt am Main (6 U 254/01) konnte sich zur Dringlichkeit äussern und feststellen: “Wird ein Eilantrag auf Unterlassung bei Software-Plagiaten erst mehrere Monate nach Abfassung des Abmahnschreibens gestellt, kann es an der erforderlichen Dringlichkeit fehlen (…) ist die zur Annahme eines Verfügungsgrundes erforderliche Dringlichkeit unter dem Gesichtspunkt der “Selbstwiderlegung” jedenfalls dann zu verneinen, wenn der Antragsteller durch sein Verhalten selbst zu erkennen gegeben hat, daß ihm die Angelegenheit so eilig doch nicht ist. Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin mit der gerichtlichen Geltendmachung ihres Unterlassungsanspruchs so lange gezögert, daß die Dringlichkeit zu verneinen ist.”.
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Landgericht Hannover mit (unbrauchbarer) Entscheidung zur GPL

Beim Landgericht Hannover (18 O 159/15, hier bei JurPC) ging es um eine unter einer GPL-Lizenz lizensierten Software, die insbesondere ohne beigefügten Lizenztext zum Download gestellt wurde. Die Entscheidung – im einstweuiligen Rechtsschutz ergangen – ist erst einmal nicht überraschend, wenn letztlich erkannt wird, dass ein Unterlassungsanspruch besteht, wenn unter Verstoss gegen die jeweiligen Lizenzbedingungen eine GPL-basierte Software zum Download gestellt wird. Überraschend ist, dass selbst im Jahre 2015 Gerichte immer noch mit absoluten Basics erhebliche Probleme haben:

  1. Der Entscheidung ist nirgendwo zu entnehmen, ob es nun um die GPLv2 oder die GPLv3 ging. Wer sich auskennt wird zu Recht darauf verweisen, dass auf Grund der kurzen Zitate klar sein dürfte, dass es um die GPLv2 ging – gleichwohl betrachte ich es als äusserst kritisch, wenn ein Landgericht dies nicht von sich aus sauber klarstellen kann.
  2. Richtig schwierig wird es für mich aber, wenn ich lese, dass man ersthaft mit der “auflösenden Bedingung einer allgemeinverbindlichen, auf Gesetz oder höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhenden, eindeutigen Klärung” Probleme hat. Es soll laut Landgericht nicht klar sein, was damit gemeint ist. Ich weiss nicht, ob das Gericht hier schlicht nicht wusste, dass der Bundesgerichtshof diese Klausel ausdrücklich mehrfach (!) in dieser Formulierung “abgesegnet hat”; oder ob man die Einzelfall-Entscheidung in der es um den EUGH ging einfach nur nicht begriffen hat: Jedenfalls ist an diesem Punkt die Entscheidung schlichtweg falsch. Dabei setze ich derartiges Grundwissen zur Formulierung von Unterlassungserklärungen als zwingend voraus, was das Landgericht hier gemacht hat ist mir nicht mehr zugänglich.

Im Ergebnis eine aus meiner Sicht vollkommen unbrauchbare Entscheidung, die wohl zu Unrecht die abgegebene Unterlassungserklärung nicht beachtet hat. Eine vollständige Analyse ist nicht möglich, da die Entscheidung den Sachverhalt unsauber aufarbeitet, sowohl hinsichtlich des Lizenztextes als auch hinsichtlich der abgegebenen Unterlassungserklärung. Sie ist als Grundlage für Analysen schlicht ungeeignet, dient aber als gutes Beispiel dafür, womit man selbst vor Landgerichten rechnen muss.