Urheberrechtliche zulässigkeit von Cheat-Software (OLG HH)

Beim Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg (5 U 23/12) ging es um die Zulässigkeit des Angebots von “Software-Ergänzungsprodukten für die PlayStationPortable”. Was sperrig klingt ist ein klassisches Cheat-Produkt, wobei sich dann die Frage stellt, ob dies urheberrechtlich zulässig ist – und ob der Rechteinhaberin Unterlassungsansprüche zustehen:

Diese Softwareprodukte funktionierten ausschließlich mit den Originalspielen der Klägerin. Die Ausführung der Software [A] erfolgte dergestalt, dass die PSP mit einem PC verbunden und in die PSP ein Memory Stick eingelegt und mit Software der Beklagten beschrieben wird. Nach dem Neustart der PSP erschien dann ein zusätzlicher Menüpunkt „[A]“, über den Veränderungen an einzelnen Spielen der Klägerin vorgenommen werden konnten … die dazu führten, dass künftige Beschränkungen beim Einsatz des „Turbos“ („Booster“) entfielen oder nicht lediglich ein Teil der Fahrer verfügbar war, sondern auch schon der Teil, der ansonsten erst beim Erreichen bestimmter Punktzahlen freigeschaltet wurde.

Mit der Software [T] erhielt der Besteller einen Sensor, der an den Headset-Anschluss der PSP angeschlossen wurde und die Steuerung der PSP durch Bewegungen der Spielekonsole im Raum ermöglichte. Zur Vorbereitung des Einsatzes des Bewegungssensors war ebenfalls ein Memory Stick in die PSP einzustecken, wodurch ein zusätzlicher Menüpunkt [T] verfügbar wurde mit einer Auswahlliste von Spielen. Auch hier ermöglichte das angegriffene Produkt, dass während des laufenden Spiels durch eine Tastenkombination ein zusätzliches Menü aufgerufen werden konnte, das nicht im Originalspiel vorgesehen war. Wurde dort die Option „[T]“ gewählt, entfielen bestimmte Beschränkungen (…)

Oberlandesgericht Hamburg, 5 U 23/12

Update: Die Sache ist inzwischen beim BGH (I ZR 157/21) anhängig und wird dort im Februar 2023 entschieden.

Urheberrechtliche zulässigkeit von Cheat-Software (OLG HH) weiterlesen

Abmahnung von Microsoft – Verkauf von Product Keys oder CoA

Der Verkauf von Software und Lizenzen geht mit vielen Tücken einher, alleine deswegen sind Abmahnungen bei Softwarehäusern und Softwareverkäufern ein dauerndes Thema. Gerade wer zwar geschäftlich aber nicht professionell agiert, begeht schnell Fehler, weil er mit laienhaften Verständnis Dinge falsch interpretiert. So möchte ich einleitend zusammenfassen, was aus meiner Sicht am Ende möglicherweise zu einer Abmahnung von Microsoft führen kann, wie ich derzeit etwa eine – aus Sicht eines Abgemahnten – bearbeiten darf. Hintergrund ist der Verkauf von Produktschlüsseln, doch es gibt häufig auch andere Angriffspunkte, die wohl auch im Zuge von Abmahnungen geltend gemacht werden. Ein Überblick.
Abmahnung von Microsoft – Verkauf von Product Keys oder CoA weiterlesen

Gebrauchte Software: Rechtsprechung des Bundesgerichtshof zum Verkauf von Gebrauchtsoftware

Ist das kaufen gebrauchter Software legal? Inzwischen ist geklärt, dass ein Verkauf gebrauchter Software grundsätzlich möglich und auch kaum zu unterbinden ist. Doch der Verkauf von Gebrauchtsoftware bleibt eine komplizierte Sache, auch nachdem der EUGH die grundsätzliche Zulässigkeit des Handels mit gebrauchter Software erkannt hat. Der Bundesgerichtshof hat sich mit dieser Frage mehrmals beschäftigt und auch nach der EUGH-Entscheidung finden sich hier wichtige Wegweiser für den Bereich des Handelns mit gebrauchter Software.

Dieser Beitrag gibt einen grundsätzlichen Überblick zur Thematik “Kauf und Verkauf gebrauchter Software” und wurde zuletzt im Dezember 2016 aktualisiert, Berücksichtigung ist auch die Entscheidung “Green IT” des BGH.

Gebrauchte Software: Rechtsprechung des Bundesgerichtshof zum Verkauf von Gebrauchtsoftware weiterlesen

Individualität eines komplexen Computerprogramms

  • Bei komplexen Computerprogrammen spricht eine tatsächliche Vermutung für eine hinreichende Individualität der Programmgestaltung. In derartigen Fällen ist es Sache des Beklagten darzutun, daß das fragliche Programm nur eine gänzlich banale Programmierleistung ist oder lediglich das Programmschaffen eines anderen Programmierers übernimmt.
  • Ist Gegenstand eines Vertrages allein die Übertragung einzelner Nutzungsrechte, ist § 34 Abs. 3 UrhG nicht anwendbar, auch wenn es sich bei den zu übertragenden Nutzungsrechten um den wesentlichen Vermögenswert des veräußernden Unternehmens handelt. Die Verweigerung der Zustimmung kann in einem solchen Fall aber Treu und Glauben widersprechen (§ 34 Abs. 1 Satz 2 UrhG).
  • Sind an der Schaffung eines Werkes verschiedene Urheber beteiligt, ist bei einer zeitlichen Staffelung der Beiträge eine Miturheberschaft zwar nicht ausgeschlossen; sie setzt jedoch voraus, daß jeder Beteiligte seinen (schöpferischen) Beitrag in Unterordnung unter die gemeinsame Gesamtidee erbracht hat.

Urteil vom 03.03.2005, Az: I ZR 111/02

Individualität eines komplexen Computerprogramms weiterlesen

Bei Verkauf technischer Geräte kein Hinweis auf bestehende Sicherheitslücken nötig

Beim Oberlandesgericht Köln (6 U 100/19) ging es um die Frage, ob beim Verkauf von Smartphones auf im Rahmen des Betriebssystems bestehende Sicherheitslücken und fehlende Sicherheitsupdates hingewiesen werden muss. Die Entscheidung ist Wichtig, inhaltlich durchaus richtig – und offenbart zugleich kritisch zu hinterfragende Probleme im Umgang mit der Cybersicherheit.

Passend dazu: Verkäufer muss nicht auf bald bevorstehenden Modellwechsel hinweisen

Bei Verkauf technischer Geräte kein Hinweis auf bestehende Sicherheitslücken nötig weiterlesen

Abgasskandal: OLG Köln sieht auch eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung des Kunden

Die Volkswagen AG muss dem Käufer eines gebrauchten Audi A4 mit Dieselmotor EA 189 Eu5 aus dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen vor- sätzlichen Schädigung den Kaufpreis abzüglich Nutzungsentschädigung erstatten. Mit Beschluss vom 03.01.2019 hat der 18. Zivilsenat des Ober- landesgerichts Köln die Berufung der Volkswagen AG gegen ein dahin- gehendes Urteil des Landgerichts Köln als offensichtlich unbegründet zu- rückgewiesen.

Abgasskandal: OLG Köln sieht auch eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung des Kunden weiterlesen

Autokauf: Alleine die Installation einer zur Täuschung über Werte geeignete Software ist ein Sachmangel

Im Zuge des Abgasskandals konnte das Oberlandesgericht Köln (18 U 112/17 – so inzwischen auch Oberlandesgericht Köln, 27 U 13/17) klarstellen, dass ein PKW an einem Mangel schon alleine deswegen leidet, weil eine Software installiert ist, die Abgaswerte auf dem Prüfstand manipuliert. Die Frage war durchaus umstritten, es wurde mitunter auch argumentiert darüber, ob sich Käufer überhaupt derartige Gedanken machen – das OLG macht deutlich, dass hier mit fadenscheinigen Diskussionen nichts zu erreichen ist.

Denn für die übliche Beschaffenheit und für diejenige Beschaffenheit, die ein Käufer erwarten kann, kommt es auf die objektiv berechtigten Käufererwartungen an – diese bemessen sich nach dem Horizont eines vernünftigen Durchschnittskäufers.
Autokauf: Alleine die Installation einer zur Täuschung über Werte geeignete Software ist ein Sachmangel weiterlesen

Gebrauchte Product-Keys: Urheberrechtsverletzung durch Zugänglichmachung von Testversion und Verkauf von Product-Keys

Verkauf von Product Keys: Beim OLG München (29 U 2554/16) ging es um die Urheberrechtsverletzung durch öffentliche Zugänglichmachung einer Testversion und Verkauf von Product-Keys für ein Computerprogrammpaket. Dabei konnte das OLG nochmals hervorheben, dass man einen möglichen Wettbewerbsverstoss darin erkennt, schlichte Productkeys als Nutzungs-Lizenzen zu bewerben

Mit dem Anbieten, Feilhalten und Inverkehrbringen von Product Keys für die streitgegenständlichen Computerprogramme als Lizenz hierfür beschreibt die Klägerin eine möglicherweise irreführende und daher wettbe werbswidrige Verhaltensweise der Beklagten, nicht aber den behaupteten Urheberrechtsverstoß (vgl. BGH GRUR 2015, 1108 Tz. 21 – Green-IT).

Wichtig ist auch, nochmals daran zu erinnern, dass eine Erschöpfung bei einem Inverkehrbringen innerhalb des EU-WIrtschaftsraums vorliegen kann, nicht aber bei ungenehmigten Importen aus Drittstaaten:

Erschöpfung tritt daher nicht ein, wenn das Vervielfältigungsstück durch den Rechteinhaber oder mit dessen Zustimmung außerhalb der Gemeinschaft verkauft wird. Eine internationale Erschöpfung gibt es nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur nicht (…) Daher können die Berechtigten auch Reimporte aus Drittstaaten wirksam unterbinden; dies selbst dann, wenn der Drittstaat eine weltweite Erschöpfung anerkennt (…)

Gerade von Microsoft sind mir hier Abmahnungen bekannt geworden, auch strafrechtliche Ermittlungsverfahren gibt es in diesem Bereich.

Beachten Sie dazu auch: Die strafrechtliche Seite des Verkaufs von Product-Keys

Gebrauchte Product-Keys: Urheberrechtsverletzung durch Zugänglichmachung von Testversion und Verkauf von Product-Keys weiterlesen

Besichtigungsanspruch des Software-Quellcodes bei Urheberrechtsverletzung

Wenn eine Urheberrechtsverletzung bei einer Software im Raum steht, gibt es einen “Besichtigungsanspruch”. Zu diesem Besichtigungsanspruch, also der Besichtigung von Software bei einer im Raum stehenden Urheberrechtsverletzung, konnte das Oberlandesgericht Köln (6 W 107/16) die wesentlichen Grundzüge zusammenfassen.

Insoweit gilt, dass entsprechend § 101a UrhG der Verletzer eines Urheberrechts auf Vorlage einer Urkunde oder Besichtigung in Anspruch genommen werden, wenn er mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das Urheberrecht oder ein anders nach dem UrhG geschütztes Recht widerrechtlich verletzt – und diese Besichtigung zur Begründung von Ansprüchen des Rechteinhabers erforderlich ist.

Vorliegend hat das OLG Köln sodann klar gestellt, dass eine Akteneinsicht für den Antragsgegner (den Verletzer) umfassend möglich sein muss, auch wenn die Akten den Quellcode der Software enthalten – ein brisantes Risiko, wobei das OLG aber vollkommen korrekt zur Begründung der Entscheidung auf die prozessualen Vorgaben verwiesen hat.

Besichtigungsanspruch des Software-Quellcodes bei Urheberrechtsverletzung weiterlesen

Urheberrecht: Sequestration und Dringlichkeit bei Softwareplagiaten

Das OLG Frankfurt am Main (6 U 254/01) konnte sich zur Dringlichkeit äussern und feststellen: “Wird ein Eilantrag auf Unterlassung bei Software-Plagiaten erst mehrere Monate nach Abfassung des Abmahnschreibens gestellt, kann es an der erforderlichen Dringlichkeit fehlen (…) ist die zur Annahme eines Verfügungsgrundes erforderliche Dringlichkeit unter dem Gesichtspunkt der “Selbstwiderlegung” jedenfalls dann zu verneinen, wenn der Antragsteller durch sein Verhalten selbst zu erkennen gegeben hat, daß ihm die Angelegenheit so eilig doch nicht ist. Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin mit der gerichtlichen Geltendmachung ihres Unterlassungsanspruchs so lange gezögert, daß die Dringlichkeit zu verneinen ist.”.
Urheberrecht: Sequestration und Dringlichkeit bei Softwareplagiaten weiterlesen